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Melanie Michalski über die Anfänge des Kletterns:

Melanie Michalski

Melanie Michalski ist eine leidenschaftliche Kletterin, die ihre Liebe zum Sport auf beeindruckende Weise mit ihrem Beruf verbunden hat. Als Gründerin der Kletter-Werkstatt und Trainerin hilft sie Menschen, ihre eigenen Grenzen zu überwinden und die Freude am Klettern zu entdecken. Für Melanie ist Klettern nicht nur eine körperliche Aktivität, sondern eine tiefe Verbindung zu sich selbst und zu anderen.

Neben ihrer Rolle als Trainerin bringt Melanie ihre Expertise als Psychologin, Mentaltrainerin und systemische Therapeutin (DGSF) in ihre Arbeit ein. Ihr psychologisches Wissen und ihre Ausbildung im DAV-Bundeslehrteam sowie im VDBS-Lehrteam machen sie zu einer gefragten Trainerin im Sportklettern, insbesondere im Bereich der mentalen Herausforderungen. 

Klettern ist für Melanie ein Lebensgefühl, das Freude, Angst, Segen und Fluch miteinander vereint. Erfahre in diesem exklusiven Interview, wie Melanies Kletteranfänge abliefen, welche Herausforderungen sie hatte und welche Tipps sie Kletteranfänger*innen gibt.

Melanie Michalski im Interview

Faszination Berge: Wie bist du zum Klettern gekommen und was hat dich an diesem Sport besonders fasziniert?

Melanie Michalski: Ich klettere inzwischen seit über 20 Jahren. Zum Klettern bin ich eher zufällig gekommen, weil mich andere Sportarten nicht mehr wirklich motiviert haben und ich das Fitnessstudio einfach langweilig fand. Mein bester Freund hat mich damals mit in die Kletterhalle genommen und gesagt: ‚Ich bin gespannt, wie dir das gefällt. Ich wette, du wirst es großartig finden.‘

Und tatsächlich – er hatte recht! Von Anfang an war ich total fasziniert von diesem Sport. Es war eine ganz neue Herausforderung, die mich auf völlig andere Weise gefordert hat und mich aus meinem Alltag herausholte. Besonders schön war auch die gemeinsame Zeit, die ich mit meinen Freundinnen und Freunden beim Klettern verbringen konnte. Es war ein Erlebnis, das für mich völlig neu und aufregend war.

Faszination Berge: Kannst du dich noch an deine ersten Kletter Versuche erinnern? Was war damals deine größte Herausforderung?

Melanie Michalski: Ich erinnere mich noch sehr gut an meine ersten Anfänge im Klettern. Es war immer eine Mischung aus Faszination und gleichzeitig Angst. Eine Herausforderung, die mich damals begleitet hat und auch heute noch manchmal auftaucht, ist das Überklettern des Hakens. Das ist ein Moment, der für viele Kletternde Personen – auch in meiner täglichen Arbeit – eine große Hürde darstellt. 

Besonders spannend war für mich, wer mich von unten sicherte. Es machte einen riesigen Unterschied, wer dort stand, wie ich gesichert und unterstützt wurde. Gleichzeitig musste ich mich mit der Technik auseinandersetzen: Wie klettert man effizient? Wie schaffe ich es, die Wand hochzukommen, ohne bereits auf halber Strecke aufzugeben, weil meine Muskeln erschöpft sind und ich mit zu viel Kraft aus den Armen ziehe? Diese Fragen und Herausforderungen haben mich damals beschäftigt – und tun es manchmal immer noch.

Das, was mich aber am meisten gefordert hat, war die Auseinandersetzung mit mir, mit meiner Psyche und mit meinen eigenen Themen.

Schon damals habe ich deutlich gespürt, dass die Art, wie ich klettere, viel mit meinem Leben zu tun hat. Ich konnte viele Parallelen zwischen dem Klettern und anderen Bereichen meines Lebens ziehen. Wie ich klettere, so gehe ich auch an viele andere Herausforderungen heran. Diese Erkenntnis war für mich eine der spannendsten Erfahrungen – und ich würde sogar sagen, sie ist es bis heute noch.

Kletter Werkstatt

Faszination Berge: Was hat dich motiviert, die Kletter-Werkstatt zu gründen, und was unterscheidet sie von anderen Kletterschulen?

Melanie Michalski: Ich bin von Beruf Psychologin und Therapeutin und arbeite schon seit vielen Jahren als Mentaltrainerin. Daher war es für mich von Anfang an klar, dass meine eigenen mentalen Herausforderungen beim Klettern, wie zum Beispiel die Stärkung meiner mentalen Kraft, eine zentrale Rolle spielen würden. Als ich dann die Kletter-Werkstatt gegründet habe, fiel mir auf, dass es im Bereich mentale Stärke beim Klettern nur sehr wenig Angebote gab. 

Deshalb war es für mich offensichtlich, dass genau hier mein Schwerpunkt liegen würde. Gemeinsam mit meinem Kollegen, dem Bergführer Hans Hocke, haben wir Kurse entwickelt, bei denen er den technischen Part übernahm – also den Teilnehmenden zeigte, wie sie effizienter die Wand erklimmen können. Mein Fokus lag hingegen darauf, den Menschen zu vermitteln, wie sie mit mehr Freude klettern und mehr mentale Stärke aufbauen können.

So war es naheliegend, eine Kletterschule zu gründen, die etwas Einzigartiges bietet – die Kombination aus mentalem Training und Technik. Mit der Zeit wuchs unser Team stetig, und immer mehr Trainer*innen kamen dazu, die mit ihrer hervorragenden Expertise weitere wertvolle Aspekte einbrachten. Heute können wir stolz sagen, dass wir, dank unseres Teams, einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen können, von Techniktraining bis hin zu Führungen alpiner Klassiker.

Wir betrachten genau, wie jemand klettert, und analysieren, an welchen Stellschrauben wir drehen können. Je nach Bedarf haben wir im Team die passende Trainerin oder den passenden Trainer, um gezielt zu unterstützen – sei es in der mentalen Stärke, den technischen Aspekten, der Trainingsplanung, dem Krafttraining oder sogar der Ernährung.

Wir können heute dort ansetzen, wo die Person steht.

Ich würde sagen, genau das unterscheidet uns von anderen Kletterschulen. Darüber hinaus haben viele unserer Trainer*innen zusätzliche Qualifikationen. Neben umfangreichen Ausbildungen im Klettern bringen die meisten von uns auch Coaching-Erfahrungen, therapeutische Ausbildungen oder berufliche Expertise im pädagogischen Bereich mit.

Melanie Michalski

Meine Hauptmotivation war damals – und ist es auch heute noch – mit der Kletter-Werkstatt ein Angebot zu schaffen, um den Klettersport zu qualifizieren. Es gibt in allen anderen Bereichen des Kletterns Trainer*innen für verschiedene Aspekte, und es gibt viel wirklich gute Literatur.

Unser Ziel ist es, sowohl Privatpersonen als auch Trainer*innen, mit denen wir zusammenarbeiten – etwa in Kletter- und Boulderhallen – weiter zu qualifizieren. Wir möchten, dass die Trainer*innen mit mehr Qualität arbeiten und unsere Kund*innen mit mehr Freude und Spaß an der Wand unterwegs sind, während sie ihr volles Potenzial ausschöpfen.

Das hat für uns nichts mit Schwierigkeitsgraden zu tun, sondern es geht wirklich darum, zu der Kletterin oder dem Kletterer zu werden, der ich wirklich sein will.

Das bedeutet, in die eigene Kraft und Stärke zu finden und diese zu leben. Daher bieten wir heute neben klassischen Trainings und Mentaltrainings auch Fortbildungen für Trainer*innen an und sind im Coaching-Bereich aktiv.

Wir arbeiten zunehmend mit Menschen zusammen, die für ihren Alltag neue Strategien entdecken und ausprobieren möchten. Hier ist das Klettern eine wunderbare Methode, um in einem geschützten Rahmen spielerisch neue Wege zu erkunden, die dann auch außerhalb dieser Umgebung im Alltag angewendet werden können.

Heute kann ich mit Stolz sagen, dass wir in unserem Team ein außergewöhnlich hohes Maß an Qualität und Wissen haben. Ich bin dankbar, mit so großartigen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, die nicht nur hervorragend vernetzt sind, sondern ihr Wissen auch bereitwillig teilen. Wenn wir bei einer Kundin oder einem Kunden einmal nicht weiterkommen, tauschen wir uns im Team aus und unterstützen uns gegenseitig. Dieser offene Umgang miteinander und die Bereitschaft, Wissen weiterzugeben, ist etwas ganz Besonderes und macht unsere Arbeit so wertvoll.

Faszination Berge: Welche allgemeinen Tipps würdest du absoluten Kletteranfängern geben, die gerade erst starten?

Melanie Michalski: Der wichtigste Tipp, den ich Einsteiger*innen geben möchte, ist, dass sie so klettern sollten, wie es ihnen Freude bereitet. Im Klettersport gibt es kein richtig oder falsch, denn wir bewegen uns im Freizeitsport. Wenn es zu Beginn Spaß macht, im Toprope zu klettern, dann ist das vollkommen in Ordnung. 

Es besteht kein Zwang, in den Vorstieg zu wechseln oder höhere Schwierigkeitsgrade zu erklimmen. Es geht vielmehr darum, den Sport für sich zu entdecken und ihn so zu gestalten, dass man dabei Spaß hat. Wichtig ist natürlich, dass man sich mit den Sicherungs- und Knotentechniken gut auskennt, um den Sport sicher ausüben zu können.

Das, was ich jedem, der anfängt, mitgeben möchte ist: Bitte lasst euch schulen wie man Sicherungsgeräte benutzt, wie sicheres Sichern funktioniert, wie sicheres Sichern auch bei Stürzen funktioniert, sodass Unfälle vermieden werden.

Und für die kletternde Person: Bitte klettere so, dass du einfach Spaß daran hast.

Faszination Berge: Was sind die häufigsten Fehler, die Anfänger beim Klettern machen, und wie kann man sie vermeiden?

Tipps für Kletteranfänger

Als Kletterin erlebe ich oft, dass der größte 'Fehler', den ich machen kann, darin besteht, mich zu sehr an anderen zu orientieren und mich zu fragen: Wie macht man das richtig? Dadurch besteht die Gefahr, dass ich meine eigenen Grenzen überschreite und zu schnell zu viel von mir erwarte. Das kann dazu führen, dass ich in Situationen gerate, die mir keinen Spaß mehr machen, sondern mich in die Panikzone bringen – sei es, weil ich zu schnell über den Haken klettere, zu weit gehe oder denke, ich müsse unbedingt Sturztraining im Vorstieg machen. Aber all das ist kein Muss.

Was wirklich wichtig ist, besonders auf der sichernden Seite, ist, dass ich mir die nötige Zeit nehme, um richtig geschult zu werden. Es reicht nicht, sich einfach mal kurz zeigen zu lassen, wie ein Sicherungsgerät funktioniert. Es braucht Übung und Erfahrung, um gut sichern zu können. Gerade als Anfänger*in sollte der Fokus nicht nur auf dem Klettern liegen, sondern darauf, eine gute Sicherungspartnerin zu werden, die in der Lage ist, unterschiedlichste Situationen sicher zu meistern. 

Hier kann es sehr hilfreich sein, jemanden an der Seite zu haben, der geschult ist. Ich sehe so oft, dass jemand von einer Freundin schnell gezeigt bekommt, wie ein Sicherungsgerät funktioniert – und leider wird es dann komplett falsch vermittelt. Das Risiko eines Unfalls ist dann nur eine Frage der Zeit. Mein Appell an alle, die mit dem Klettern beginnen möchten: Bitte legt den Fokus auf das Sichern. Holt euch jemanden, der euch zeigt, wie es richtig funktioniert, der euch überprüft und euch hilft, eure Sicherungstechniken weiterzuentwickeln.

Faszination Berge: Wie wichtig ist mentale Stärke beim Klettern, und wie trainierst du diesen Aspekt mit deinen Kunden?

Melanie Michalski: Schon Wolfgang Güllich hat gesagt, dass der wichtigste Muskel beim Klettern der Kopf ist – und das sehe ich genauso. Der Kopf entscheidet darüber, wie wir uns an der Wand bewegen. Die Frage, wie ich diesen mentalen Aspekt mit meinen Kund*innen trainiere, ist sehr komplex. Für mich steht dabei im Mittelpunkt, dass ich individuell auf jede Person eingehe. 

Zunächst schaue ich mir genau an, was die jeweilige Person beschäftigt und was sie möglicherweise behindert. Das heißt, ich beginne mit einer Art Ist-Analyse, um herauszufinden, wo die Herausforderungen liegen, und dann entwickeln wir gemeinsam die nächsten Schritte. Meine Methodik basiert auf Ansätzen des systemischen Coachings, und ich greife auf ein breites Spektrum an Techniken zurück, was hier den Rahmen sprengen würde.

Ein wichtiger Teil dieses Prozesses ist der Umgang mit sich selbst: Wie spreche ich mit mir? Was nehme ich wahr und was nicht? Welche Sorgen belasten mich? Wo liegt meine Komfortzone und wo endet sie? Welche Erfahrungen habe ich gemacht – positive oder negative? Besonders prägend ist auch die Frage, mit wem ich klettere und wie die Kommunikation dabei verläuft.

Ein wichtiger Aspekt, der beim modernen Sportklettern mit dazu gehört, ist das Loslassen, also das Sturz- und Sicherungstraining.

Mit vielen meiner Kund*innen arbeite ich daran, diese Fragen zu klären und gemeinsam ein individuelles Training zu entwickeln. Oft haben sie noch nie richtig losgelassen oder sind nie gestürzt. Das Ziel ist, ihnen ein Training zu bieten, das das Stürzen und Sichern in ihren Kletteralltag integriert – ohne sie zu überfordern. So können sie in einem Rahmen wachsen, der es ihnen ermöglicht, sich freier und sicherer an der Wand zu bewegen.

Faszination Berge: Gibt es bestimmte Klettertechniken oder -fertigkeiten, die du Anfängern empfehlen würdest, von Anfang an zu erlernen bzw. zu trainieren?

Melanie Michalski: Für mich ist die wichtigste 'Technik' beim Klettern, sich auf die Füße zu konzentrieren – also zu lernen, den Füßen zu vertrauen und die Tritte wirklich zu belasten. Gerade Anfänger*innen neigen dazu, mit viel Kraft aus dem Oberkörper und den Armen zu ziehen, sich stark an den Griffen hochzuziehen und dabei die Füße zu vernachlässigen. Doch besonders am Anfang ist es unerlässlich, den Fokus auf die Füße zu legen und eine präzise, saubere Tritttechnik zu entwickeln, bevor man sich auf andere Techniken konzentriert.

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